5. Zugabe: "Alles Gute im Menschen ist von Gott"

Mit zwei Engeln sprach ich einst, wovon der eine aus dem östlichen Himmel, der andere aus dem mittäglichen Himmel war. Da sie inne wurden, daß mein Nachsinnen auf die Geheimnisse der Weisheit in Absicht auf die eheliche Liebe gerichtet war, sagten sie: "Weißt du nichts von den Unterhaltungen der Weisheit in unserer Welt?" - "Noch nicht," war meine Antwort.- Und sie sagten: "Es gibt deren mehrere; und die, welche das Wahre lieben aus geistigem Antrieb, aber das Wahre, weil es Wahres und der Grund der Weisheit ist, kommen auf ein gegebenes Zeichen zusammen, und erörtern und entscheiden das, was Vorwurf tieferen Verständnisses ist." 

Sie nahmen mich nun bei der Hand mit den Worten: "Komm mit uns, und du wirst sehen und hören; eben heute wurde das Zeichen der Zusammenkunft gegeben." Ich ward über eine Ebene hin an einen Hügel geführt, und siehe, am Fuße des Hügels ein Palmengang, der bis zum Kulm hinauflief. . Wir traten ein und stiegen hinan; und auf dem Kulm, oder der Spitze des Hügels, zeigte sich ein Hain, zwischen dessen Baumwerk die aufgeworfene Erde eine Art Amphitheater bildete, dessen innerer Raum ein mit verschieden gefärbten Steinchen besträuter Plan war; im Umkreis des Theaters liefen im Viereck Sitze, worauf Liebhaber der Weisheit saßen; und in der Mitte des Bühnenraumes war ein Tisch, worauf ein versiegeltes Blatt gelegt war. Die auf den Bänken Sitzenden luden uns auf die noch unbesetzten Bänke, und ich erwiderte: "Ich bin hierher von zwei Engeln geführt, um zu sehen und zu hören, nicht um einen Sitz einzunehmen"; und nun traten die beiden Engel in die Mitte des Plans an den Tisch, und lösten das Siegel des Blattes, und lasen den Sitzenden die darauf geschriebenen Geheimnisse der Weisheit, welche sie nun erörtern und entfalten sollten. Es war von den Engeln des dritten Himmels geschrieben, und auf den Tisch niedergelassen.

Der Geheimnisse waren drei;

Was ist das Bild Gottes, und was die Ähnlichkeit Gottes, in welche der Mensch geschaffen ist?                                                 Das Zweite: Warum wird der Mensch nicht in das Wissen eines Liebens geboren, da doch die Tiere und Vögel, edle wie unedle, in das Wissen all ihres Liebens geboren  werden?                                                                                                               Das Dritte : Was bedeutet der Baum des Wissens von Gut und Böse, und was das Essen von beiden? Darunter stand: Verbindet diese drei in einen Ausspruch, und schreibt diesen auf ein besonderes Blatt, und legt es auf diesen Tisch nieder, und wir wollen sehen: erscheint euer Ausspruch wohl abgewogen und richtig, so wird jedem von euch ein Preis der Weisheit werden."

Sobald sie dies abgelesen hatten, traten die Engel zurück und wurden in ihre Himmel erhoben. Und nun begannen die Umhersitzenden zu erörtern und zu entfalten die ihnen vorgelegten Geheimnisse; und sie sprachen in der Reihenfolge, zuerst, die auf der Nordseite saßen, dann die gegen Abend, sofort die gegen Mittag und zuletzt die gegen Aufgang. Und sie nahmen den ersten Gegenstand der Erörterung auf, welcher dahin lautete: Was ist Gottes Bild und was ist Gottes Ähnlichkeit, in welche der Mensch geschaffen ist? Und jetzt wurden vorerst aus dem Buche der Schöpfung vor allen die Worte gelesen: Gott sprach, lasset uns den Menschen machen in unser Bild, nach unserer Ähnlichkeit: und es schuf Gott den Menschen in sein Bild, in die Ähnlichkeit Gottes schuf Er ihn (1.Mos. 1,26).- An welchem Tage Gott den Menschen schuf, machte Er ihn in die Ähnlichkeit Gottes (1.Mos. 5,1) Die gegen Mitternacht saßen, sprachen zuerst: "Das Bild Gottes und die Ähnlichkeit Gottes", sagten sie, "sind die zwei dem Menschen von Gott eingehauchten Leben , welche sind das Willensleben und das Verstandesleben ; denn wir lesen: Jehovah, Gott blies in die Nüstern Adams die Seele der Leben, und der Mensch ward zur lebendigen Seele (1. Mos. 2,7)   ´Ín die Nüstern´   ist das Innewerden, daß ihm eingehaucht werden Wille zum Guten und Verständnis von Wahrem, und so die Seele der Leben; und weil das Leben von Gott ihm eingehaucht ist, so bezeichnen Bild und Ähnlichkeit die Reinheit aus der Liebe und Weisheit heraus, und aus der Gerechtigkeit und dem Gericht in ihm."    Diesen vielen die gegen Abend bei, jedoch mit dem Zusatze: jener Unschuldstand, von Gott eingehaucht, werde fortwährend jeglichen Menschen eingehaucht; er sei aber in dem Menschen wie in einem Aufnahmegefäß, und der Mensch sei je nach dem Verhältnis, als er Aufnahmegefäß ist, Bild und Ähnlichkeit Gottes. Die Dritten in der Reihe, welches die gegen Mittag Sitzenden waren, sprachen nun: "Bild Gottes und Ähnlichkeit Gottes sind zwei verschiedene Dinge, in dem Menschen aber von der Schöpfung her geeint. Und wir erblicken, wie aus inwendigerem Lichte, daß das Bild Gottes von dem Menschen verloren werden kann, nicht aber die Ähnlichkeit  Gottes. Dieses scheint, wie durch einen Schleier gesehen, aus dem Umstand hervor, daß Adam die Ähnlichkeit Gottes behielt, nachdem er das Bild Gottes verloren hatte, denn wir lesen nach dem Fluche: Siehe, der Mensch ist wie einer aus uns, indem er Gutes und Böses weiß (1.Mos 3,22); und später wird er Ähnlichkeit Gottes, und nicht Bild Gottes, geheißen (Dan.5,1). Jedoch ´überlassen wir unseren Genossen, welche gegen Aufgang sitzen und denn in höherem Lichte sind, was wirklich Gottes Bild und wirklich Gottes Ähnlichkeit ist." Und nun, nach kurzem Schweigen, erhoben sich die gegen Morgen  von ihren Sitzen, blickten zum Herrn empor, und ließen sich dann wieder auf ihre Sitze nieder, und "Bild Gottes", sagten sie, "sei Aufnahmegefäß Gottes; und weil Gott die Liebe ´Selbst und die Weisheit Selbst sei, so sei Bild Gottes das Aufnahmegefäß der Liebe und der Weisheit von Gott in ihm: die Ähnlichkeit Gottes aber sei ein vollkommenes Ähnlichsehen und der volle Anschein, als wären Liebe und Weisheit in dem Menschen, und folglich ganz wie das Seine; den Menschen nämlich (fuhren sie fort) gemahnt es in seiner Empfindung nicht anders, als ob er liebe aus sich und weise sei aus sich, oder als ob er Gutes wolle und Wahres erkenne aus sich, während dessen er nicht das Geringste aus sich tut, sondern aus Gott. Gott allein liebt aus sich und ist weise aus sich, weil Gott ist Liebe Selbst und die Weisheit Selbst; das Ähnlichkeiten oder die Erscheinlichkeit, als ob Liebe und Weisheit, oder Gutes und Wahres, in dem Menschen seien als das Seine, machen, daß der Mensch ist Mensch, und daß er mit Gott kann verbunden werden, und so ewig fortleben; hieraus die Folge, daß der Mensch dadurch Mensch ist, weil er kann Gutes wollen und Wahres erkennen völlig wie von sich, und doch wissen und glauben, daß es von Gott  kommt; denn , je wie er dies weiß und glaubt, legt Gott Sein Bild in den Menschen: anders, wenn dieser wähnte, es komme von ihm, und nicht von Gott." Nachdem sie dies geredet, kam ein warmer Eifer aus der Liebe der Wahrheit über sie und in diesem fuhren sie fort: Wie kann der Mensch von Liebe und Weisheit etwas in sich aufnehmen, und es festhalten und in sich gestalten, wenn er es nicht wie das Seinige fühlt ; und wie ist eine Verbindung mit Gott mittels Liebe und Weisheit möglich, wenn dem Menschen nicht irgend ein Wechselseitiges der Verbindung gegeben ist, denn ohne Gegenseitigkeit ist keine Verbindung denkbar; und das Wechselseitige in der Verbindung ist, daß der Mensch Gott liebe, und in dem, was Gottes ist, weise sei wie von sich, und dennoch glaube, daß es von Gott ist; wie kann ferner der Mensch ewig leben, wenn er nicht verbunden ist mit dem ewigen Gott; wie kann sonach der Mensch sein Mensch ohne diese Gottesähnlichkeit in ihm? Diesem Ausspruch fielen alle bei, und sagten, "laßt uns hierauf Beschluß nehmen", und es ward folgender genommen: "Der Mensch ist Aufnahmegefäß Gottes, und Aufnahmegefäß Gottes ist Bild Gottes; und weil Gott ist die Liebe Selbst und die Weisheit Selbst, so ist der Mensch Aufnahmegefäß dieser beiden, und das Aufnahmegefäß wird Gottes Bild nach Maßgabe des Aufnehmens: und der Mensch ist Gottes Ähnlichkeit dadurch, daß er in sich empfindet, das, was Gottes ist, sei in ihm wie das Seine; und hinwieder ist er in dem Maß aus jener Ähnlichkeit Gottes Bild, als er anerkennt, daß Liebe und Weisheit, oder Gutes und Wahres, nicht sind in Ihm das Seine, und folglich nicht von ihm; sondern allein in Gott und folglich von Gott."

Sofort nahmen sie den zweiten Gegenstand der Erörterung auf: Warum wird der Mensch nicht geboren mit der Fertigkeit irgend einer Liebe, da doch Tiere und Vögel, edle wie unedle, mit den Fertigkeiten all ihres Liebens geboren werden? Erst setzten sie die Wahrheit des Satzes selbst durch mancherlei Belege fest; am Menschen z.B., daß er mit keinerlei Fertigkeit geboren werde, selbst nicht mit der Kundigkeit des ehelichen Liebens; und sie fragten nach und erfuhren von Forschern, daß das Kind, vermöge angeborenen Wissens, nicht einmal die Brust der Mutter kenne, sondern dies von der Mutter oder Amme durch Entgegenbewegen lerne, und daß es bloß zu saugen wisse, und daß es dies Wissen von dem beständigen Saugen im Mutterleib habe, und daß es nachher zu gehen, noch den Ton zu irgend einem menschlichen Worte zu gliedern, ja selbst nicht die Regung seiner Liebe in der Stimme kund zu geben verstehe, wie das Tier es kann; ferner, daß es keine ihm zuträgliche Nahrung erkenne, wie jedes Tier es vermag, sondern was ihm nur vorkomme, Reines wie Unreines, an sich reiße und dem Munde zuführe. Die Forscher sagten, ohne Belehrung habe der Mensch selbst kein Wissen hinsichtlich der Unterschiede des Geschlechts, und von den Liebesweisen gegen dasselbe, und auch erwachsene Jungfrauen nicht ohne Unterweisung von anderen, wenngleich sie in Wissen mannigfacher Art eingeleitet wurden; es kürzer zu sagen: "der Mensch kommt zur Welt körperlich wie ein Wurm, und er bleibt körperhaft, wenn er nicht wissen, erkennen und weise sein von anderen lernt." Hierauf begründeten sie, wie die Tiere, edle wie unedle, als: Tiere der Erde, Vögle des Himmels, kriechende Echsen und Schlangen, Fische, Würmchen, die man Kerbtiere nennt, mit allen Kundigkeiten ihres Liebeslebens geboren werden, wie z.B. für den ganzen Betreff ihrer Ernährung, ihrer Wohnung, ihrer Geschlechtstriebe und Fortpflanzung und der Aufziehung ihrer Jungen; dies bekräftigten sie durch wundervolle Erscheinungen, die sie sich ins Gedächtnis zurückriefen von Gesehenem in der naturmäßigen Welt, wie sie unsere Welt nannten, in welcher es nicht vorbildende, sondern reale Tiere gebe. Nachdem so die Wahrheit des Satzes festgestellt war, boten sie ihrem Gemüt auf, die Absichten und Ursachen aufzusuchen und zu ermitteln, wodurch dieses Geheimnis sich hervorfinden und aufdecken ließe: und alle sagten, alles müßte notwendig aus der göttlichen Weisheit kommen, damit der Mensch sei Mensch und das Tier sei Tier; und so werde die Unvollkommenheit der Geburt des Menschen seine Vollkommenheit, und die Vollkommenheit der Geburt des Tieres sein Unvollkommenheit.

Hierauf begannen zuerst die Nordlichen ihre Meinung abzugeben und sagten: "Der Mensch werde geboren ohne Wissen, damit er alles Wissen aufnehmen könne; käme er hingegen mit Wissen zur Welt, so vermöchte er keines aufzunehmen als nur das, in das er hineingeboren worden; und in diesem Falle könnte er sich gar keines aneignen." Dies verdeutlichten sie durch folgende Vergleichung: "Der Mensch ist bei seiner Geburt dem Boden gleich, in welchen noch kein Same gelegt ist, der aber alle Samenarten annehmen, und sie zum Aufgehen und Fruchttragenbringen kann; das Tier hingegen ist einem schon besäten und Kräutern überwachsenen Boden gleich, der außer dem eingesäten Samen keinen mehr annimmt und den nachgebrachten ersticken würde; darin der Grund, warum der Mensch eine Reihe von Jahren zum Erwachsen bedarf, in deren Lauf er wie Ackerland bestellt werden, und gleichsam Saaten, Blüten und Bäume aller Gattung hervorbringen kann, das Tier hingegen wenige, in deren Verlauf es nur dem Angeborenen sich zu bilden läßt."

Darauf sprachen die Westlichen und sagten: "Der Mensch komme nicht als Wissen zur Welt wie das Tier, sondern als Fähigkeit und Trieb, Fähigkeit zum Wissen und Trieb zum Lieben und Weisesein; und er komme zur Welt als höchstvollkommener Trieb, zu lieben nicht allein das, was des Seinen und der Welt ist, sondern auch das, was Gottes und des Himmels ist; folglich komme der Mensch als ein ordentliches Wesen zur Welt, das nur kaum und ganz dunkel mit den äußeren Sinnen, und völlig ohne innere Sinne lebt, zu dem Behuf, damit er allmählich ins Leben eintritt und Mensch wird, erst naturmäßiger Mensch, dann vernunftmäßiger Mensch, und endlich geistiger Mensch; was nicht der Fall wäre, wenn er mit Wissen und Lieben den Tieren gleich zur Welt käme. Denn angeborene Kundigkeiten und Triebe des Lebens beschließen jenen Entwicklungsgang, wogegen bloße Fähigkeiten und Triebe, die man mitbringt, nichts abschließen; und darum kann der Mensch sich ewig vervollkommnen durch Wissen, Erkenntnis und Weisheit." -

Hier nahmen die Südlichen auf und gaben ihre Meinung ab: "Dem Menschen ist es unmöglich", sagten sie, "irgend ein Wissen von sich zu nehmen, sondern er ist bestimmt, es von anderen zu nehmen, weil kein Wissen ihm angeboren ist; und weil er kein Wissen von sich nehmen kann, so kann er auch kein Lieben von sich nehmen, indem, wo kein Wissen, auch kein Lieben ist; Wissen nämlich und Lieben sind unzertrennliche Gefährten, und lassen sich nicht scheiden, wie auch nicht Willen und Verstand, oder Trieb und Gedanke, ja selbst nicht füglicher, als Wesen und Form; in dem Verhältnisse denn, wie der Mensch Wissen von anderen nimmt, so schließt sich diesem Lieben als sein Gefährte an; die durch waltende Liebe, welche sich anschließt, ist die Liebe zu wissen, und dann zu erkennen und weise zu werden; diese Liebgattungen gehören einzig dem Menschen und keinem Tiere an, und fließen ein von Gott. Wir vereinigen  uns mit unseren Genossen gegen Abend, daß der Mensch nicht eingeboren wird in irgend eine Liebe, und folglich in kein Wissen, sondern bloß nur eingeboren wird in Neigung zu lieben, nicht von sich, sondern von anderen, d.h. unter Vermittlung anderer; "unter Vermittlung anderer" sagen wir, weil wir auch diese nichts von sich empfingen; sondern ursprünglich von Gott. Wir vereinigen uns auch mit unseren Genossen gegen Mitternacht, daß der Mensch zur Welt komme dem Ackergrund ähnlich, welcher noch gar nicht mit Samen bestellt ist, jedoch mit edlem oder unedlem bestellt werden kann; wir setzen hinzu, daß die Tiere mit naturmäßigen Liebgattungen geboren werden, und folglich mit einem Wissen, das diesen entspricht; und daß sie dennoch aus dem Wissen lediglich nichts wissen, denken, erkennen oder weise daraus sind, sondern daß sie von ihrem Lieben zu jenem Wissen geleitet werden, ungefähr wie ein Blinder durch die Straßen von einem Hund, denn hinsichtlich des Verstandes sind die Tiere blind; oder noch mehr Nachtwandlern gleich, die aus blindem Wissen, bei schlafendem Verstande, verrichten was sie verrichten." -

Zuletzt sprachen die Östlichen und sagten: "Wir stimmen zu dem, was unsere Brüder vortrugen, daß nämlich der Mensch nichts wisse aus sich, sondern aus anderen und durch andere, damit er erkenne und anerkenne, alles, was er weiß, erkennt und worin er weise ist, sei auch Gott; und daß der Mensch nicht anders kann empfangen, geboren und gezeugt werden von Gott, und sein Bild und Ähnlichkeit werden; denn er wird Gottes Bild dadurch, daß er anerkennt und glaubt, alles  Liebegute und Liebtätigkeitsgute und alles Weisheitswahre und Glaubenswahre habe er empfangen und empfange er von Gott, und gar nichts von sich, und Ähnlichkeit Gottes ist er dadurch, daß er empfindet jenes alles in sich wie von sich; er empfindet so, weil er nicht in Wissen hineingeboren wird, sondern solches empfängt, und das Empfangen ihm erscheint wie von sich; so zu empfinden, wird ihm wieder von Gott, auf daß er Mensch und nicht Tier, weil er dadurch, daß er will, denkt, weiß, erkennt und weise ist, wie aus sich heraus, Wißtümliches in sich aufnimmt, und solches emporhebt ins Verstandesgebiet, und , durch Erfüllung von Nutzzwecken in ihm, zur Weisheit; so verknüpft Gott Sich den Menschen, und der Mensch sich Gott; dies könnte nicht erfolgen, wäre es nicht von Gott veranstaltet, daß der Mensch in gänzlicher Kenntnislosigkeit zur Welt komme." -

Auf diesen Ausspruch verlangten alle, daß aus dem Erörterten ein Beschluß gebildet werde, und es ward folgender angenommen: "Der Mensch wird ohne Wissen geboren, damit er kann zu allem Wissen gelangen, und voranschreiten zur Einsicht und durch diese zur Weisheit; und er wird mit keiner Liebe  geboren, damit er zu aller Liebe gelangen kann, durch Anwendung des Lernwissens aus Einsicht heraus; und damit er zur Liebe gegen Gott mittels der Liebe gegen den Nächsten gelangen und so mit Gott verbunden und dadurch Mensch werden kann, und ewig fortleben."

Hierauf nahmen sie das Blatt und lasen den dritten Gegenstand der Erörterung; er hieß: Was bedeutet der Baum des Lebens, und was der Baum des Wissens von Gut und Böse, und was das Essen von beiden? Und alle baten, die vom Osten möchten dies Geheimnis entwickeln, weil es Aufgabe für den tieferen Verstand ist, und weil die, welche vom Osten sind, in feuerfarbigem Lichte, d.h. in Liebeweisheit sind, und diese Weisheit verstanden ist unter dem Garten Edens,  worin jene beiden Bäume gestanden haben. Und sie erwiderten: "Wir wollen es sagen; weil jedoch der Mensch nichts aus sich nimmt, sondern aus Gott, so wollen wir es sagen aus Ihm, doch aber von uns wie von uns." Und nun sagten sie: "Baum bezeichnet den Menschen, und Frucht sein Lebensgutes, folglich wird durch Baum des Lebens bezeichnet: der aus Gott lebende Mensch oder: Gott lebend im Menschen, und weil die Liebe und Weisheit, und die Liebtätigkeit und der Glaube, oder Gutes und Wahres, Gottes Leben im Menschen machen, so wird durch "Baum des Lebens" der Mensch bezeichnet, in welchem jene von Gott sind und woraus ihm ewige Fortdauer wird: Ähnliches wird bezeichnet durch den Baum des Lebens, von welchem wird zu essen gegeben werden (Offenb. 2,7.22,2.14) Durch "Baum des Wissens von Gutem und Bösen" wird bezeichnet der Mensch, welcher glaubt, aus sich heraus zu leben und nicht aus Gott heraus; der denn glaubt, Liebe und Weisheit, Liebtätigkeit und Glaube, d.h. Gutes und Wahres: seien in dem Menschen das Seine und nicht Gottes; der dies glaubt, weil er denkt und will und spricht und handelt nach aller Ähnlichkeit und Erscheinlichkeit wie aus sich. Und weil nun der Mensch durch diesen Glauben sich beredet, Gott habe Sich eingegeben, oder Sein Göttliches in ihn übergossen, darum sprach die Schlange: "Gott weiß, an welchem Tag ihr von der Frucht jenes Baums essen werdet,  werden eure Augen aufgetan werden, und ihr werdet sein wie Gott, wissend Gutes und Böses (1.Mos.3,5) Durch das Essen von jenen Bäumen wird angezeigt die Aufnahme und Aneignung;  durch das Essen vom Baum des Lebens den Empfang des ewigen Lebens, und durch das Essen vom Baum des Wissen von Gutem und Bösen der Empfang der Verdammnis. Durch die Schlange wird bezeichnet der Teufel unter dem Gesichtspunkte der Selbstliebe und des Dünkels eigener Einsicht, und diese Liebe ist Besitzer jenes Baumes, und die Menschen, so in dem Stolz aus dieser Liebe sind, sind jene Bäume. Die also sind in schwerem Irrtum, welche glauben, Adam sei weise gewesen und habe das Rechte getan aus sich, und dieses sei Unschuldsstand gewesen, indessen Adam eben jenes Glaubens wegen verflucht worden ist; dieses  nämlich ist ausgedrückt durch das Essen vom Baume des Wissens von Gutem und Bösem; und deshalb fiel er nun aus dem Stande der Unschuld; den er davon gehabt hatte, daß er glaubte, weise zu sein und das Rechte zu tun aus Gott und nichts aus sich; denn letzteres ist verstanden unter Essen vom Baume des Lebens. Der Herr allein, da Er auf der Welt war, war weise aus Sich, und tat das Gute aus Sich, weil das Göttliche Selbst, von Geburt her, in ihm und das Seine war, weshalb Er auch aus eigener Macht Erlöser und Seligmacher wurde." Aus jenem und diesem bildeten sie nun den Beschluß: "Unter dem Baume des Lebens und dem Baume des Wissens von Gutem und Bösem und unter dem Essen von denselben, wird bezeichnet, daß dem Menschen Leben ist von Gott in ihm, und ihm alsdann auch der Himmel wird und das ewige Leben; und daß Tod dem Menschen ist die Beredung und der Glaube, dem Menschen sei Leben nicht Gott, sondern er selbst; und daß dadurch ihm die Hölle und der ewige Tod werde, welches ist die Verdammnis."

Darauf überblickten sie das von den Engeln auf dem Tische zurückgelassenen Blatt, und fanden noch beigesetzt: Bringet diese drei in einen Ausspruch; und nun faßten sie solche zusammen, und fanden, daß jene drei, aneinandergereiht, ein Ganzes bilden, und daß der hervorgehende Ausspruch dieser ist:  "Der Mensch ist geschaffen, um Liebe und Weisheit von Gott in sich aufzunehmen, und doch in aller Ähnlichkeit als wie von sich, und letzteres behufs der Aufnehmung und Verbindung; darum kommt der Mensch zur Welt nicht mit irgend  einer Liebe, nicht mit irgend einem Wissen, und selbst nicht mit irgend einem Vermögen zu lieben und weise zu sein aus sich; gibt er denn alles Liebegute und alles Weisheitswahre Gott zu eigen, so wird er ein lebendiger Mensch; gibt er es aber sich zu eigen, so wird er ein toter Mensch." -

Dies schrieben sie auf ein frisches Blatt nieder, und legten dieses auf den Tisch; und siehe, augenblicklich waren Engel in glänzend-weißer Wolke da, und trugen das Blatt in den Himmel; und , als es dort gelesen war, vernahmen die auf den Bänken Sitzenden von dort "gut - gut - gut." Und alsbald erschien Einer von dort wie fliegend, und wie mit zwei Flügeln an den Füßen und mit zwei an den Schläfen, Preise haltend, die in Togen, Hüten und Lorberzweigen bestanden; und er ließ sich hernieder, und gab denen, die gegen Mitternacht saßen, opalfarbige Togen, denen auf der Mittagseite Hüte, deren Rand eine Saumschnur von Gold und Perlen, und die linke Kopfseite in Blumen ausgeschnittene Diamanten schmückten; denen aber auf der Morgenseite gab er Lorberzweige, woran Rubinen und Saphire waren. Und alle gingen, geziert mit diesen Preisen, vom Spiele der Weisheit in die Heimat zurück, und, da sie sich ihren Gatten zeigen wollten, kamen diese ihnen entgegen, gleichmäßig geziert mit Schmuckstücken aus dem Himmel verehrt, was jene staunen machte.

 

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